Ein Leitfaden für gute Erklärvideos und eine Übersicht über hilfreiche Tools

Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, wichtiges Wissen vermitteln zu müssen – jedoch fehlt oft die Zeit für Schulungen und / oder die Mitarbeiter*innen dafür.

Lernvideos können helfen diese Lücke zu schließen. Lernvideos, oder hier auch Erklärvideos genannt, sind ein- bis dreiminütige Filme, die ein definiertes Thema emotional mit Hilfe einer Geschichte einfach und effizient erklären. Das Ziel dabei ist, dass die Zuschauer*innen das vermittelte Wissen besser verstehen und anwenden kann, weil es in eine für ihn nachvollziehbare Form aufbereitet wurde.

Sie lassen sich in diesen Bereichen einsetzen:

  • Vermittlung von Werten, Philosophien, Visionen und Veränderungen in Unternehmen
  • Erklärung von Richtlinien, Strategien, Prozessen und thematischen Arbeitsfeldern
  • Image- und Employer-Branding-Videos

Aufklärung zu Brandschutzverordnungen, Personalentwicklungsoptionen oder Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements

Sind Lernvideos sinnvoll und worauf sollte man bei der Erstellung eines Lernvideos achten? Wir haben in diesem Artikel Hintergründe, Tipps zur Erstellung und drei Tool Vorschläge zusammengestellt.

1. Fakten bitte

Lernvideos sind dafür bekannt, ein effektives Lernmedium zu sein. Im Jahr 2016 untersuchten Andreas Krämer von der BiTS-Business and Information Technology School und Sandra Böhrs von The Simpleshow Company S.A. in einer empirischen Studie den Gebrauch von Erklärvideos und deren Wirkung. Rund 1000 Versuchspersonen über 18 Jahre aus Deutschland und ebenso viele aus den USA wurden in einer Online-Studie dazu befragt.

Die Frage „Wären Sie interessiert auch zukünftig Erklärvideos zu schauen?“ beantworteten 73% der befragten Deutschen mit „Ja“. Damit zeichnet sich besonders in Deutschland ein Potenzial für Erklärvideos ab. Besonders hoch war diese Bereitschaft bei den Studienteilnehmenden, die davor schon ein Erklärvideo gesehen hatten.

Danach folgten verschiedene Arten von Erklärvideos mit demselben Inhalt: Explainity-Video, Mysimpleshow, Classic, Color-Format und Whiteboard.

Am schlechtesten schnitt bei den Lernfortschritten die Verwendung des Color Format ab und am besten das Whiteboard. Der gemessene Wissenszuwachs stieg an. Bemerkenswert ist zudem, dass die Teilnehmer nicht nur mehr wussten, sondern sich auch mehr für das Thema interessierten. Aber weshalb?

2. Die Magie hinter den Lernvideos

Gute Lernvideos sind so konzipiert und gedreht, dass sie die Inhalte verständlich, in einfacher Sprache und einprägsam kommunizieren. Das bedeutet, dass man von Anfang an die Inhalte herunterbricht und sich Mühe gibt, dass sie jede*r versteht. Die Sprache darf keine Fachsprache sein. Wenn Fachbegriffe vorkommen, müssen sie erklärt werden. Einprägsam sind sie durch die Verwendung von Bildern und Einbettung in eine Geschichte.

Damit werden alle unsere Sinne angesprochen. Durch die Betrachtung der Bilder wird das Gehirn zusätzlich aktiviert. Das Gehirn kann Bildinhalte 60.000-mal schneller verarbeiten als einen Text. Wenn das Lernvideo zudem einen gesprochenen Text oder Musik hat, wird zusätzlich unser Gehör zur Wissensverarbeitung genutzt. Die Story nimmt uns emotional mit und kann die Einprägsamkeit und das Verständnis für Inhalte verbessern und die Zuordnung vereinfachen.

Lernvideos schaffen somit die idealen Voraussetzungen zur Wissensvermittlung. Aber wie erstellt man ein Lernvideo?

3. Tipps für die Erstellung von Lernvideos

Damit Lernvideos die zuvor genannten positiven Effekte auf die Zuschauer*innen haben, gibt es einige Tricks, die bei der Erstellung der Filme eingesetzt werden können.

Rahmenbedingungen

Bevor Sie mit dem Lernvideo beginnen, sollten folgende Fragen geklärt sein:

  • An wen richtet sich das Lernvideo?
  • Welche Tonalität hat das Video?
  • Ist es ein Einzelvideo oder eine Serie?
  • Sind meine Quellen geprüft?
  • Habe ich ähnliche Videos zum Thema angeschaut?
  • Sollen bekannte Personas des Unternehmens vorkommen?
  • Soll das Corporate Design verwendet werden?

Sind diese Rahmenbedingungen geklärt können Sie zum Herzstück des Lernvideos übergehen: Der Geschichte.

Vorbereitung

Die Botschaft

Eine gute Geschichte wird nie einfach so geschrieben. Sie hat immer eine Botschaft. Was ist das Ziel ihres Lernvideos? Welche Kernaussage soll bei den Zuschauern ankommen und im Gedächtnis bleiben? Die Hauptaussage sollte am Anfang und Ende des Videos auftauchen und als roter Faden durch die Story erkennbar sein.

Die Kernbotschaft könnte zum Beispiel die Sicherheitsschulung des Unternehmens sein. Ziel ist es, dass die Mitarbeiter*innen sich an die neuen Vorschriften halten und den Sinn darin sehen. Diese Hauptaussage sollte im Erklärvideo durch gute Zusammenhänge hervorgehen und Akzeptanz finden. Veränderungen und Einschränkungen anzunehmen ist für viele schwer. Wenn die Gründe eindeutig und für die Mitarbeiter*innen nachvollziehbar sind, gelingt es auch, die Veränderungen positiv zu kommunizieren.

Das Skript

Nachdem die Botschaft klar ist, wird ein Skript geschrieben. Am besten verwenden Sie einen Charakter, der zu Ihrer Geschichte und Aussage passt. Wir Menschen identifizieren uns eher mit einer Person als mit einer Unternehmensstrategie, die nicht greifbar ist. Für unser Beispiel der Sicherheitsschulung eignet sich ein*e Mitarbeiter*in in Unternehmenskleidung.

Hier sind paar Tipps für das Skript:

  • Strukturieren Sie den Text mit möglichst wenig Dopplungen
  • Seien Sie kreativ, es sollte nicht langweilig sein
  • Erzählen Sie ggf. eine kurze Geschichte (Storytelling, Emotionen, Humor)
  • Verwenden Sie kurze und einfache Sprache

Beispiele und Vorlage eines Video Skripts

Falls Sie statt eines Skripts lieber ein Storyboard verwenden möchten, könnte es folgendermaßen aussehen:

Visualisierung

Wie vorher schon erwähnt, kann unser Gehirn Bilder viel schneller verarbeiten als Texte. Deshalb sollten sie im nächsten Schritt ihr Skript oder Storyboard visualisieren.

Das machen Sie indem Sie

  • wichtige Wörter im Skript hervorheben
  • kreative Visualisierungen verwenden die Emotionen hervorrufen
  • eine Visualisierung oder Bewegung alle 3-4 Sekunden einsetzen
  • ein kurzes Storyboard zur Hilfe zeichnen (falls es noch nicht vorhanden ist) Clip

Das Video in eine komplexe Kompetenzaufgabe einbetten

Lernvideos sind nicht zum Amüsieren da, sondern zum Lernen. Viele schauen sich ein Lernvideo mehrmals und in ihrem eigenen Tempo an. Damit der rübergebrachte Inhalt auch haften bleibt, sollte im Anschluss eine Aufgabefolgen.

Dazu folgende Tipps:

  • Direkte Übungsmöglichkeit anbieten – und das möglichst relevant und kreativ
  • Direktes Feedback ermöglichen
  • Aufgreifen der Inhalte in der Präsenzphase
  • Vertiefung der Inhalte in der Präsenzphase

Beispiel

1. Sehen Sie sich das folgende 3-minütige Video an. Sie können das Video so oft wiederholen, bis Sie das Gefühl haben, alle Inhalte verstanden zu haben.

2. Erledigen Sie dann folgende schriftliche Aufgabe:

Welche weiteren Sicherheitsmaßnahmen fallen Ihnen ein, um Ihren Arbeitsplatz unfallfrei zu gestalten?

Nachdem Sie jetzt die Hauptaussage, die Story, die Visualisierung und die Aufgabe haben, können Sie das Video drehen.

Der Dreh

Sprecherin, Sprecher und Länge

Heutzutage brauchen Sie kein Filmstudium und kein Studio für die Erstellung eines Lernvideos. Sie können es mit den hier vorgestellten Tools selbst umsetzten.

Jedoch sollten Sie noch zwei Sachen davor beachten:

  1. Verwenden sie eine gute Sprecherin oder einen guten Sprecher. Ihre Botschaft und Story kann noch so gut sein – wenn die Stimme schlecht verständlich oder unpassend ist, wird Ihr Lernvideo sein Ziel verfehlen.
  2. Das Video sollte zwischen 3 und 5 Minuten lang sein. Ausnahmen bestätigen die Regel, jedoch gilt „In der Kürze liegt die Würze.“

4. Tools zur Erstellen von Lernvideos

Zuerst muss immer geklärt werden, welchen Sinn und Zweck das Lernvideo erfüllen soll.

Sicherheitsschulung im Unternehmen? Einführung in eine Software? Einführung eines neuen Mitarbeiters*in? Je nach Ziel des Lernvideos unterscheiden sich die Herangehensweisen und geeigneten Tools für die Erstellung.

Beispiel: Sicherheitsschulung –  Simpleshow

Für unser Beispiel mit der Sicherheitsunterweisung eignet sich Simpleshow, das seine Vorzüge in der narrativen Umsetzung hat. Wir haben nämlich ein Ziel: Die Unfälle im Unternehmen zu verringern. Wir haben eine Story, die einen Unfall und seine Konsequenzen schildert. Visualisiert wird mit starken emotionalen Bildern. Die Aufgabe regt zum Nachdenken und Reflektieren an.

Mit Simpleshow kann man einfach und KI unterstützt sein Skript mit Bildern, Ton und Sprecher ausstatten. Die Schritt-für-Schritt Anleitung unterstützt Sie dabei. Das läuft folgendermaßen ab:

  • Zuerst geben Sie ihr Skript ein.
  • Die KI sucht die passenden Bilder aus der Simpleshow Bibliothek heraus. Sie wählen aus den Vorschlägen die passenden Bilder.
  • Sie können ihr eignes Voiceover aufnehmen oder auf die intelligente Text-to-Speech-Technologie zurückgreifen.
  • Zum Schluss können Sie noch die Geschwindigkeit des Videos anpassen, Hintergrund einfügen und Musik auswählen.

Beispiel: Softwareschulung – Gamer Konsole von Windows oder Screencastify

Für unser Beispiel mit der Softwareschulung eignet sich eine Bildschirmaufzeichnung, welche seine Vorzüge in der konkreten Darstellung des Lerngegenstandes hat. Wir haben nämlich ein Ziel: Dem Zuschauenden die Verwendung des Systems beizubringen.

Beginnen Sie mit dem Wozu als Sprecher: „Sie wollen ein Produkt anlegen? In diesem Video zeige ich Ihnen wie es geht!“  

Achten Sie dabei auf folgende Punkte:

  • Ihre Sprecherin oder Sprecher muss gut und klar verständlich sein.
  • Das Gesprochene darf nicht zu schnell sein. Üben Sie ein paar Mal bis sie es aufnehmen.
  • Denken Sie auch an die Möglichkeit am Ende des Videos eine Aufgabe zu stellen oder ein Feedback einzufordern, damit der Angesprochene sein Wissen erweitern kann.

Das könnte beispielhaft so lauten: „Probieren Sie gleich aus einen Artikel Ihrer Wahl einzufügen.“ oder „Wenn sie Fragen oder Anregungen haben, können Sie sich gerne bei mir melden.“

Das geeignete Tool dafür ist zum Beispiel, wenn sie Windows verwenden, die Aufzeichnungsfunktion in der „Gamer Console“. Um die Anwendung zu starten, müssen Sie nur auf Windows+G drücken.  Damit können Sie einen einzelnen Tab oder ein Programm, den kompletten Bildschirm oder nur sich aufnehmen. Ein anderes Tool, das denselben Zweck erfüllt, ist Screencastify.

Nach der Aufnahme der Erklärung, wie man ein Produkt im Webshop anlegt, können Sie einen Editor zur Bearbeitung des Videos verwenden. Entweder Sie nutzen den Editor von Screencastify oder Clipchamp von Windows.

Bei beiden ist es möglich

  • das Video zu kürzen
  • Kapitel einzufügen
  • Untertitel hinzuzufügen
  • Grafiken und Hervorhebungen einzublenden

Vor allem bei längeren Aufzeichnungen ist das Einfügen von Kapiteln zu empfehlen, damit der Nutzende navigieren und ggf. für ihn relevante Punkte noch einmal nachschauen kann.

Nachdem Sie Ihr Video bearbeitet haben, können Sie es speichern und den Kunden und Kundinnen oder Mitarbeitenden zur Verfügung stellen.

Der Vorteil ist, dass das Video immer wieder, wird, angeschaut werden kann, zu genau dem Zeitpunkt, in dem Kundinnen, Kunden oder Mitarbeiter*innen es brauchen. Achten Sie nur darauf, dass Sie das Video bearbeiten oder sogar neu drehen müssen, wenn es Änderungen gibt.

Beispiel: Neue Mitarbeiter*innen – PowerPoint

Für unser Beispiel mit der Einführung von neuen Mitarbeiter*innen ins Unternehmen eignet sich eine Bildschirmpräsentation, die ihre Vorzüge in der Verwendung vom vorhandenen Material hat. Wir haben nämlich ein Ziel: Den Mitarbeitenden unser Unternehmen vorzustellen.

Die meisten Unternehmen haben schon eine fertige Präsentation in PowerPoint. Diese können Sie mit der Funktion „Aufzeichnen“ aufnehmen und als Video abspeichern.

Denken Sie daran diese Präsentation emotional zu gestalten. Nur so kann sich die Wirkung des Lernvideos erst entfalten. Die neuen Mitarbeiter*innen sind neugierig auf Ihr Unternehmen. Deshalb sollte nicht nur die Story in der Präsentation passen, sondern auch Ihre Stimme. Achten Sie darauf, beim Sprechen voll dabei zu sein. Zur Emotionalen Wirkung hilft sich bei der Präsentation selbst aufzuzeichnen, das schafft eine persönliche Note.

Zum Schluss können Sie noch eine Frage stellen oder um Feedback bitten.

5. Fazit

Lernvideos bzw. Erklärvideos müssen immer mit einem klaren Ziel und einer eindrücklichen Botschaft erstellt werden. Daraus resultiert die Wahl des Tools. Durch die Investition in die Erstellung des Videos kann man das Wissen der Zuschauer*innensteigern und Ihr Interesse an unternehmensrelevanten Themen wecken. So kann ein Unternehmen wichtige Mitarbeiterressourcen einsparen und trotzdem eine positive Wirkung entfalten.

Literatur:
https://www.ccsenet.org/journal/index.php/jel/article/view/64096/35123

https://www.pinktum.com/de/blog/was-gute-erklaervideos-auszeichnet/

https://simpleshow.com/de/blog/lernvideos-erstellen-4-einfache-schritte/

https://clipchamp.com/de/

https://www.screencastify.com/

Zum Autor

Maria Wolff ist Projektmanagerin bei rocket-media und Geisteswissenschaftlerin. In ihrer beruflichen Laufbahn hat Sie sich mit digitalem Lernen und Gamification beschäftigt. Bei rocket-media ist Sie als Projektmanagerin für die Gesamtplanung und Abwicklung von Kundenprojekten zuständig.

Linkedin: Maria Wolff bei rocket-media

Bildquellen:
Titelbild: Foto von dix sept auf Unsplash

Journal of Education and Learning; Vol. 6, No. 1; 2017, „How Do Consumers Evaluate Explainer Videos?“ (Andreas Krämer & Sandra Böhrs) Veröffentlicht unter der Creative Commons – Attribution International 4.0 (CC-BY) License.rocket-media

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