Jede*r einzelne von uns wird zeitweise mit digitalen Barrieren konfrontiert. Einige Menschen haben permanente Beeinträchtigungen, wie etwa Blindheit, Gehörlosigkeit oder Trisomie 21. Daneben gibt es aber auch noch temporäre und situative Beeinträchtigungen. Wer beispielsweise eine Verletzung am Handgelenk hat und dieses für einen bestimmten Zeitraum nicht nutzen kann, erlebt in dieser Zeit ähnliche Barrieren, wie jemand, dem eine Hand fehlt. Das wäre eine temporäre Beeinträchtigung. Wovon alle Menschen aber wohl am häufigsten betroffen sind, wären situative Beeinträchtigungen. Das kann zum Beispiel starkes Sonnenlicht auf einem Bildschirm sein: In Kombination mit einem zu niedrigen Kontrast kann diese situative Beeinträchtigung zu einer Barriere führen. Sie sehen also: Von digitaler Barrierefreiheit profitieren nicht nur permanent beeinträchtigte Menschen, sondern alle anderen auch.

Beeinträchtigung als Kern betrachten

Zunächst sollten wir differenzieren zwischen den Begriffen Beeinträchtigung, Barriere und Behinderung. Denn jemand wird erst behindert, wenn er oder sie durch eine Beeinträchtigung auf eine Barriere trifft. Der Begriff Beeinträchtigung sagt also aus, dass jemand nicht in der Lage ist, bestimmte Dinge zu tun. Manche Menschen können beispielsweise nicht hören oder sehen. Wenn diese Menschen dann auf ein auditives bzw. visuelles Medium treffen, können Sie dieses nicht wahrnehmen und ihrer geplanten Tätigkeit nicht nachgehen. Dadurch entstehen Barrieren, durch welche diese Personen behindert werden.

Wann wird eine Beeinträchtigung zu einer Behinderung?

Eine Beeinträchtigung wird erst dann zur Behinderung, wenn eine Darstellung nicht wahrgenommen werden kann, es keine Alternativen gibt oder ich eine Interaktion von jemandem fordere, die er nicht ausführen kann. Wenn zum Beispiel jemand mit nur einer Hand zwei weit auseinanderliegende Tasten gleichzeitig drücken soll, ist das für diese Person unmöglich. Dann wird die Beeinträchtigung zur Behinderung, weil diese nicht kompensiert werden kann.

Wen schließe ich aus, wenn ich einen Weg nicht anbiete?

Um diese Frage zu beantworten, sollten wir uns deutlich machen, welche verschiedenen Beeinträchtigungen es gibt:

  • Sehbeeinträchtigung
  • Blindheit
  • Motorische Beeinträchtigungen
  • Gehörlosigkeit/Hörbeeinträchtigungen
  • Kognitive Beeinträchtigungen

Hierbei sollten Sehbeeinträchtigte und blinde Menschen unbedingt getrennt voneinander betrachtet werden. Das liegt daran, dass diese Menschen von der Herangehensweise völlig unterschiedliche Anforderungen haben.

Nicht jede Beeinträchtigung ist permanent

  • Unser erster Gedanke bei dem Begriff Beeinträchtigung ist sicherlich oft eine dauerhafte Schädigung, wie etwa eine Netzhautschädigung oder Schäden am Gehör. Aber auch aus Trisomie 21 und Autismus resultieren permanente Beeinträchtigungen.
  • Allerdings gibt es auch zahlreiche temporäre Beeinträchtigungen. Das kann ein gebrochener Arm sein, der nach einigen Wochen wieder verheilt ist. Oder man hat die falsche Brille eingepackt und kann den ganzen Tag auf der Arbeit kaum erkennen, was auf dem Bildschirm angezeigt wird.
  • Daneben gibt es aber auch noch die situativen Beeinträchtigungen. Jeder kennt es: Man sitzt im Büro und muss ein wichtiges Telefonat führen, während Kolleg*innen im Hintergrund diskutieren. In solch einer Situation kann man sich nur schlecht konzentrieren. Ein anderes Beispiel wäre, wenn die Sonne auf den Monitor prallt und Sie wegen zu geringem Kontrast nichts mehr erkennen können. Auch schlechter Empfang ist eine alltägliche Beeinträchtigung.

Was sind digitale Barrieren?

Wie beschrieben, führen selbst die alltäglichsten Situationen oft zu digitalen Barrieren. Aber welche Barrieren sind das genau und wie kann ich diese vermeiden?

  • Farben und Kontraste: Farben vermitteln Informationen und Gefühle. Rot signalisiert einen Fehler oder eine Warnung, Grün steht für Bestätigung usw. Farbfehlsichtige Menschen nehmen diese jedoch anders wahr. Oft sehen sie dann nur graue Flächen und Zeichen, die ineinander verschmelzen, weil der Kontrast zu gering ist. Die Informationen, welche die Farben transportieren sollen, gehen dabei also verloren.
    Um das zu verhindern, kann man statt Farben zur zusätzlichen inhaltlichen Unterscheidung neben der Buttonbeschriftung z. B. Icons ergänzen.
    Oder man sorgt dafür, dass der Kontrast zwischen Buttonfarbe und Hintergrundfarbe hoch genug ist. Um das zu überprüfen, können Sie Tools wie siteimprove.com verwenden.
  • Buttons: Kleine Buttons sind für Menschen mit einer visuellen oder motorischen Beeinträchtigung schwer zu erkennen oder zu klicken. Achten Sie deshalb auf eine ausreichende Größe von Klickflächen.
  • Text: Oft sind Textinhalte zu klein, zu groß oder unverständlich formuliert. Können Benutzer*innen Ihren Text nicht lesen oder verstehen, werden sie Ihre Seite vermutlich schnell wieder verlassen.
    Deshalb ist es wichtig, Texte einfach, verständlich und sinnvoll zu gestalten. Außerdem sollten Nutzer*innen die Schriftgröße individuell an ihre Bedürfnisse anpassen können. Optimal ist es, wenn Schrift bis zu 200 Prozent und ohne Überlappung der Wörter vergrößert werden kann.
    Es ist ebenfalls hilfreich für viele Nutzer*innen, wenn HTML-Codes eingebunden und in logische Abschnitte unterteilt sind.
  • Nicht-Text-Inhalte: Bilder, Videos und Grafiken machen lange Texte interessanter und lockern ihn auf. Für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen werden diese nicht-Text-Inhalte aber oft zu Hürden. Häufig werden Alternativtexte nur unzulänglich ausgefüllt. Schwierig wird es auch, wenn wichtige Informationen einzig auf Grafiken dargestellt sind. Wenn der Alt-Text die Grafik nicht beschreibt, können blinde Menschen den gesamten Text nicht nachvollziehen. Ähnlich ist es bei Videos ohne Untertitel: Hörbeeinträchtigte Menschen können den Inhalt des Videos dann meist nicht wahrnehmen.
    Achten Sie deshalb auf einen beschreibenden Alternativtext bei visuellen Inhalten und auf Untertitel bei Videos.
  • CAPTCHAs: Für viele Nutzer*innen ohne Beeinträchtigungen sind sie oft schon problematisch, aber für blinde Menschen sind CAPTCHAs fast unmöglich zu überwinden. Meist führen sie zum direkten Verlassen einer Seite.
    Verzichten Sie deshalb auf Ihre Inhalte hinter einem CAPTCHA zu verstecken und verwenden Sie alternative Sicherheitskonzepte. Das können zum Beispiel textbasierte Wissensfragen, eine Multi-Faktor-Authentifizierung oder ein guter Spam-Filter sein.
  • Automatische Musik/Videos: Automatisch abspielende Audioinhalte verwirren Screenreader oder übertönen diese sogar. Verzichten Sie also darauf, Inhalte mit Ton automatisch abspielen zu lassen.
  • Flashing GIFs: Flackernde Videos oder blitzende GIFs können Epilepsie auslösen. Verwenden Sie stattdessen GIFs, die nicht flackern und keine schnellen Lichtwechsel haben oder greifen Sie auf statische Bilder zurück.
  • Pop-ups: Wenn sich plötzlich ein neues Fenster öffnet, bekommen blinde Nutzer*innen das oft nicht mit. Außerdem verwirren Pop-ups Screenreader und können sogar die Keyboard-Navigation blockieren. Um wichtige Elemente trotzdem hervorzuheben, können Sie sie farblich hinterlegen oder einen CTA einbauen. Achten Sie hierbei natürlich auf einen ausreichenden Kontrast.
  • Emojis: Auch wenn sie den Text auflockern, sind Emojis für Nutzer*innen von Screenreadern eine kleine Hürde. Je nach Screenreader und Einstellungen sind Emojis einfach störend. Wenn Sie jedoch trotzdem nicht auf Emojis verzichten möchten, achten Sie darauf, möglichst wenig Emojis hintereinander zu platzieren. Mit kostenlosen Screenreadern wie z. B. NVDA können Sie sich anhören, wie ein Textabschnitt mit Emojis klingt.

Generell ist es auch vorteilhaft, wenn Sie einige individuell einstellbare Funktionen in Ihrer Anwendung haben. Das kann eine Möglichkeit zur Vergrößerung der Schriftgröße, die Veränderung des Kontrastes oder ein integrierter Screenreader sein.

Fazit

Digitale Barrierefreiheit bedeutet höchste Nutzerfreundlichkeit für alle Menschen und sollte schon längst als Selbstverständlichkeit gelten. Außerdem bietet sie viele Vorteile, die zu einer guten User Experience beitragen:

  • Bessere Tastaturbedienbarkeit
  • Bessere Skalierung auf unterschiedlichen Displays
  • Bessere Wahrnehmbarkeit durch ausreichende Kontraste
  • Bessere Tastaturbedienbarkeit
  • Bessere Skalierung auf unterschiedlichen Displays
  • Bessere Wahrnehmbarkeit durch ausreichende Kontraste
  • Strukturierter und einfach verständlicher Inhalt
  • Bessere Auffindbarkeit
  • Bessere Usability
  • Besser verwertbare Ressourcen

Barrierefreiheit macht Ihr Produkt langlebiger. Außerdem erhöhen barrierefreie digitale Angebote die Reichweite und die Kundenzufriedenheit deutlich. Wie Sie sehen, profitieren wir alle von digitaler Barrierefreiheit.

Zur Autorin

Jennifer Berger ist Auszubildende im Bereich Mediengestaltung bei rocket-media. In dieser Rolle erstellt und gestaltet sie zielgruppengerechte Layouts für Printmedien sowie multimediale Beiträge für Netzwerke und Social-Media-Kanäle. Sie interessiert sich vor allem für User Experience und Nutzerfreundlichkeit. Insbesondere mit dem Thema „Digitale Barrierefreiheit“ hat sie sich sehr eingehend auseinandergesetzt.

Bildquellen: rocket-media

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