Bei User Experience (UX) dreht sich alles um die Nutzenden, für die Produkte entwickelt werden. So auch beim Schreiben von Texten, zum Beispiel für Webanwendungen. Angepasst an die Zielgruppe(n) fördern Texte die Aufmerksamkeit und das Interesse von Menschen.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was Sie beim UX-Texten beachten sollten, so dass die Besucher*innen Ihrer Website sich angesprochen fühlen und worauf Sie auch bei den kleinsten Textelementen Wert legen sollten, um zum Beispiel ansprechende Klickflächen zu gestalten.
Tone and Voice – Die Sprache und Tonalität Ihres Unternehmens: Wie spricht Ihr Unternehmen?
Wie eine Person kann auch eine Marke oder ein Unternehmen immer mit einer individuellen Stimme sprechen. Hierfür sollten Sie im Unternehmen Ihre Mission und Ihre Vision klar herausarbeiten. Alle im Unternehmen sollten sie kennen und beim Schreiben von Inhalten berücksichtigen, so dass alle Texte, die die Kundschaft zu lesen bekommt, ein stimmiges Bild vermitteln.
Zusätzlich dazu sind die Ideale, Werte und Prinzipien wichtig, die Ihre Marke vertritt. Haben Sie die entsprechenden Werte definiert, können Sie passend dazu eine Sammlung von Wörtern, Ausdrücken und Phrasen zusammenstellen, die allen Redakteurinnen und Redakteuren beim Schreiben von Texten als Vorlage dienen können.
Auch die Persönlichkeit des Unternehmens macht einen Unterschied und sollte sich in den Texten und Inhalten der Website widerspiegeln. Soll Ihr Unternehmen modern oder klassisch auftreten? Humorvoll oder ernst? Persönlich oder eher distanziert? Entwerfen Sie auch hier ein eindeutiges Bild von Ihrem Unternehmen, so dass Ihre Mitarbeiter*innen dieses in ihrer Arbeit transportieren und vermitteln können.
Wer sind Ihre Zielgruppen?
In Texten sollte nicht nur das Unternehmen immer gleich klingen, auch die jeweiligen Zielgruppen sollte immer gleich angesprochen werden. Hierfür ist es entscheidend, diese vorab genau zu definieren und kennenzulernen. Mithilfe von Research-Methoden können Sie Informationen über die einzelnen Zielgruppen sammeln. Es sollte aktiv damit gearbeitet werden. Am besten bereiten Sie sie als Personas auf. In einer Persona werden übersichtlich verschiedene Merkmale, aber auch Ziele und Wünsche sowie Probleme und Hindernisse der Zielgruppe in Form einer repräsentativen Person dargestellt. So haben alle Mitarbeitenden genau vor Augen, für wen sie Texte schreiben und Inhalte verfassen.
Über die Jahre sollten Sie darauf achten, auf dem Laufenden zu bleiben, denn die Bedürfnisse und Anforderungen von Zielgruppen können sich verändern. Die Personas sollten Sie also immer entsprechend aktualisieren, sobald neue Erkenntnisse dazu vorliegen.
Wie sprechen Sie Ihre Zielgruppen an?
Im Unternehmen sollten Sie festgelegen, wie die Lesenden angesprochen werden. Mit Du oder Sie? Formell oder eher locker? Humorvoll oder ernst? Die Form der Ansprache sollte dabei zu Ihrem Unternehmen und dem passen, was Sie anbieten.
Damit sich alle Personen aus Ihren Zielgruppen angesprochen fühlen, ist es wichtig, richtig zu gendern. Einen konsequenten Stil zu verwenden, hilft dabei, das Bild, das sich in den Köpfen der Lesenden bildet, klar und deutlich zu formen. Die Wahrnehmung des Unternehmens spielt eine wichtige Rolle dabei, wie Menschen mit einem Unternehmen interagieren und ob sie Kunden und Kundinnen werden oder nicht.
Conversational Writing – das gesprächshafte Schreiben
Clifford Nass, ehemaliger Professor für Kommunikation an der Stanford University in Kalifornien, stellte durch Experimente fest, dass Menschen sich eher angesprochen fühlen, wenn sich Informationen ähnlich menschlicher Kommunikation anhört und anfühlt. Menschen reagieren dann positiver und lassen sich leichter von Ihrem Angebot überzeugen. Deswegen ist es sinnvoll, in einem gesprächshaften Stil zu schreiben. Dieser ist weder zu formell und starr noch unstrukturiert oder verwirrend: Sprechen Sie die Sprache Ihrer Nutzerinnen und Nutzer. Wählen Sie für die Kommunikation mit Ihren Kundinnen und Kunden die „goldene Mitte“: also einen Schreibstil, bei dem Sie sich wohlfühlen und Ihre Lesenden auch. Es ist nicht immer einfach, den formellen Stil abzulegen, aber es lohnt sich.
Ein hilfreicher Tipp: Schreiben Sie nur, was Sie auch laut aussprechen würden. Dafür können Sie sich Ihre Texte auch selbst laut vorlesen oder von anderen vorlesen lassen und so überprüfen, ob Ihre Sprache natürlich klingt.
Microcopy – auch auf die kleinen Texte kommt es an
Kurze Textbausteine, die beispielsweise bei Buttons, Beschriftungen, kurzen Handlungsaufforderungen und kleinen Hinweisen zum Einsatz kommen, nennt man Microcopy.
Gute Microcopy ist wichtig, um die Interaktion der Nutzenden mit der Website zu erhöhen und auch gezielt zu steuern.
Schreiben Sie auch hier, als würden Sie sprechen
Achten Sie, wie oben beschrieben, auch bei diesen kurzen Textstücken auf gesprächshaftes Schreiben. Beispielsweise würden Sie in einem Gespräch mit Ihrer Kundschaft nicht sagen „Geben Sie die Adresse ein, an die Sie Ihr Paket schicken lassen möchten“, sondern eher: „An welche Adresse sollen wir das Paket versenden?“ oder „Wo möchten Sie Ihr Paket empfangen?“
Nutzen Sie die aktive Form
Zum gesprächshaften Schreiben passt die aktive Form besser als die passive. Wenn Sie schreiben: „Bitte geben Sie die gewünschte Adresse ein“, dann ist „die gewünschte“ die passive Form. Denken Sie auch hier wieder daran, wie Sie die Aufforderung in einem Gespräch formulieren würden, wie z.B. „Welche Adresse möchten Sie verwenden?“
Verwenden Sie Verbindungsworte
Beim Sprechen verbinden wir Worte mit Präpositionen. Da wir für Microcopy so schreiben wollen, wie wir sprechen, ist das auch hier sinnvoll. Schreiben Sie also nicht „In Warenkorb legen“, sondern „In meinen Warenkorb legen“.
5 wichtige Grundsätze
Halten Sie sich beim Formulieren von Microcopy an die folgenden Grundsätze:
- Klar: die Aussage sollte klar und eindeutig sein.
- Präzise: die Aussage sollte prägnant sein. Überflüssige Wörter lassen Sie weg.
- Konsistent: schreiben Sie konsequent, widerspruchsfrei und einheitlich.
- Nützlich und umsetzbar: alles was Sie schreiben, sollte brauchbar und verwertbar für die Lesenden sein und ihnen eine gut nachvollziehbare Handlungsmöglichkeit geben.
- Freundlich: formulieren Sie Ihre Microcopy freundlich.
Motivieren Sie zum Handeln
Vier Prinzipien helfen dabei, Microcopy so zu formulieren, dass Nutzende leichter und aktiver mit der Website interagieren.
- Zeigen Sie Ihren Mehrwert
Besucher*innen Ihrer Website entscheiden oft innerhalb weniger Sekunden, ob die Inhalte oder ein konkretes Angebot für sie relevant sind. Diese wenigen Sekunden sollten Sie nutzen, um zu überzeugen. Stellen Sie prägnant den Mehrwert heraus, den Ihre Website oder Ihr Angebot bieten. Sagen Sie den Nutzenden, welche Probleme Sie für sie lösen und wie Sie ihr Leben besser machen können.
Schreiben Sie z.B. nicht: „Entdecken Sie hier die zahlreichen Vorteile von Kontaktlinsen!“ Schreiben Sie lieber: „Keine beschlagene Brille mehr mit Kontaktlinsen! Testen Sie sie jetzt kostenlos.“ - Nutzen Sie Humor und schaffen Sie Begeisterung
Mit harmlosem, freundlichem Humor unterstützen Sie Nutzende dabei, sich wohlzufühlen. Wer sich wohlfühlt, lässt sich durch gute Argumente leichter von Ihrem Angebot überzeugen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Sie den Humor Ihrer Zielgruppen treffen. - Laden Sie zum Handeln ein und respektieren Sie Nutzende
Nutzenden etwas aufdrängen zu wollen, wird in der Regel negativ aufgefasst. Selbst wenn Sie kurzfristig die Interaktionsrate erhöhen können, stört empfundenes Drängen langfristig das Vertrauen in Ihr Unternehmen. Nutzen Sie also keine Dark Patterns und gehen Sie respektvoll mit Ihren Websitebesuchern und -besucherinnen um. Zeigen Sie Ihnen, wie sie von Ihren Möglichkeiten profitieren können und laden Sie sie zum Handeln ein. - Der Social Proof
Viele Menschen vertrauen auf das, was andere Menschen erlebt und getan haben. Wenn sich auch andere schon für eine Aktion entschieden haben, gibt das Ihren Nutzenden mehr Zuversicht, richtig zu handeln. Stellen Sie also nach Möglichkeit überzeugende Argumente durch andere bereit, z.B. in Form von Zahlen („x Nutzer*innen haben bereits…“), konkreten Fakten, Meinungen, Bewertungen und Erfahrungen anderer Nutzer*innen; Ratings, offiziellen Auszeichnungen, Qualitätssiegel und guten Rezensionen; Feedback auf sozialen Medien sowie Namen und Logos anderer Kunden und Kundinnen.
Zusammenfassung
Sie haben nun einen ersten Überblick zum Thema UX Writing bekommen. Schreiben Sie, wie Sie sprechen würden, vermeiden Sie passive Formulierungen, nutzen Sie Verbindungsworte und halten Sie sich an die Grundsätze: klar und deutlich, prägnant, konsequent, widerspruchsfrei, einheitlich, brauchbar, verwertbar und freundlich. Denken Sie daran, Ihren Nutzenden immer den Mehrwert zu zeigen, den Sie ihnen bieten, sie mit ein wenig Humor zu begeistern, sie respektvoll zu behandeln, sie zum Handeln einzuladen und – falls Ihnen Informationen von anderen Nutzenden zur Verfügung stehen – stellen Sie Ihrer Nutzerschaft einen Social Proof bereit.
Viel Erfolg und Spaß bei der Umsetzung!
Über die Autorin
Felizitas Müller studiert User Experience an der Hochschule Aalen. Sie arbeitet im Rahmen eines sechsmonatigen Praktikums bei rocket-media in der Abteilung für User Experience und Usability. Sie interessiert sich besonders für den direkten Kontakt mit Nutzenden in Interviews und Usability Tests.
Bildquellen:
Beitragsbild: Image by rawpixel.com
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