Was Nutzer und Nutzerinnen wann interessiert

Im Web-Umfeld werden Nutzer:innen jeden Tag mit einer Flut an Informationen überschüttet. Im Schnitt nimmt ein Mensch knapp 6000 Werbeinformationen am Tag auf – kein Wunder, dass das Filtern nach dem richtigen Angebot schwieriger wird, die Leselust sinkt und schlecht aufbereitete Informationen ignoriert werden. Im Gegenzug dazu müssen Anbieter:innen mehr Gespür dafür entwickeln, was Nutzer:innen an welcher Stelle interessiert und welche Informationen benötigt werden, um letztendlich eine Conversion, wie beispielsweise einen Einkauf, zu generieren. Da Nutzer:innen in den verschiedenen Phasen einer Kaufentscheidung mit verschiedenen Kanälen in Berührung kommen bzw. interagieren, hilft eine visuelle Aufbereitung dieser „Reise“: die Customer Journey Map. Ihre Vorteile zeigen sich vor allem in übergreifenden Themen:

  • Mögliche Lücken in der Customer Experience verstehen und zielgerichteter schließen
  • Nutzerverständnis aufbauen und vertiefen und so Kundenzufriedenheit steigern
  • Verhaltensmuster und Handlungsmotive verstehen
  • Kommunikation mit dem Nutzer verbessern
  • Umsatz erhöhen und Kosten senken

Nutzungsgruppen und Berührungspunkte identifizieren
Die Grundlage einer Customer Journey Map ist umfangreiches Verständnis gegenüber den verschiedenen Nutzer:innen- bzw. Kund:innengruppen, die man im Zuge der Aufbereitung betrachten möchte. Im besten Fall sind diese auf Grundlage erhobener Daten wie Interviews oder Befragungen repräsentativ in Personas abgebildet und können dadurch sehr lebhaft in einer „Kunden-Reise“ verarbeitet werden. Im Vorfeld hilft es, wenn grundlegende Nutzungsmotive bekannt sind, wie: Warum besteht Interesse an einem Produkt oder einer Information? Wieviel Zeit steht zur Verfügung? Welche Gefühlslage oder auch Charakterzüge treffen auf die Persona zu? …?

Neben den Erkenntnissen rund um die Kund:innengruppen müssen die verschiedenen Berührungspunkte, auch „Touchpoints“ genannt, identifiziert werden: An welchen Stellen und über welche Kanäle (online sowie offline) haben Nutzer:innen mit einem Angebot Kontakt und wo werden Informationen dazu beschafft? Je nach Umfang der Betrachtung können dabei eine Vielzahl an Touchpoints ausfindig gemacht werden und es muss priorisiert werden, welche Berührungspunkte dabei eine besonders große Bedeutung haben.

Nutzer:innen und Touchpoints in Reihenfolge bringen: Eine Reise abbilden
Die Abbildung einer Customer Journey beginnt damit, dass eine Persona und ihre verschiedenen Berührungspunkte in Reihenfolge gebracht werden. Hierbei können zunächst die klassischen Phasen z. B. auf Grundlage des AIDA-Modells oder auch eines typischen Kaufprozesses durchlaufen werden: Attention (Aufmerksamkeit erzeugen) – Interest (Interesse wecken) – Desire (Begehrlichkeit auslösen) – Action (Handlungsaufruf einbinden).

AIDA-Modell

Zu jeder dieser Phasen können anschließend die genutzten Kanäle identifiziert und zugeordnet werden.

Um einen Startpunkt zu finden, hilft es, mit der wichtigsten Nutzer:innengruppe anzufangen: Wo wird diese auf das Angebot aufmerksam, wo steigt die Zielgruppe in die Nutzung ein, welche Informationen beschafft sie sich und welche Aktionen finden währenddessen bzw. danach statt? Nutzer:innen durchlaufen so verschiedene Phasen auf ihrer Reise und sind dabei immer fokussiert auf ein bestimmtes Ziel, das erreicht werden soll.

Bei der Visualisierung einer Customer Journey Map können neben den „harten Fakten“, wie den Touchpoints, Gerätenutzung etc., auch emotionale Aspekte wie Erwartungen, Probleme oder Gefühle aufgenommen werden.

Schematische Darstellung einer Journey Map

Die Nutzungszufriedenheit anhand der Journey optimieren
Nachdem alle Touchpoints analysiert und festgehalten wurden, kann anhand der Journey Map eine Erhebung zur Zufriedenheit der Nutzer:innen mit einzelnen Berührungspunkten durchgeführt werden. Das heißt, es sollten vorhandene Daten aus Umfragen, Kundenzufriedenheitsanalysen, Trackings etc. gesichtet oder, falls noch nicht vorhanden, erhoben werden. Ziel dabei sollte sein, dass ein reales und datenbasiertes Bild entsteht.
So kann sich z. B. zeigen, dass Nutzer: innen mit den Kontaktpunkten vor dem Kaufprozess zufrieden sind, sich aber deutliche Lücken und Schwachstellen in den nachstehenden Services oder im Support zeigen. Hier gilt es dann zu optimieren, um dauerhaft eine positive Customer Experience zu gewährleisten und den Nutzer:innen an allen Stellen entsprechende Qualität zu liefern.

Die Journey Map sollte auf Grundlage kontinuierlich erhobener Daten aus dem Markt und den durchgeführten Anpassungen und Optimierungen entsprechend immer wieder aktualisiert werden, um gewonnene Erkenntnisse und Veränderungen einerseits zu dokumentieren und andererseits in unterschiedlichen Unternehmensbereichen nachhaltig für verschiedene Projekte als realistische Abbildung der Customer Experience einsetzen zu können.

Zum Autor
Linda Alers ist Usability Engineer bei rocket-media. Als anerkannte UX-Trainerin bildet Sie nach internationalen Standards des UXQB in den Bereichen Usability Grundlagen, User Requirements Engineering und Usability Testing aus. An der Hochschule Aalen unterrichtete Sie als Dozentin im Studienfach User Experience und ist Mitorganisatorin des World Usability Days.

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Bildquellen:
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Beitragsbild: Photo by Ashley Batz on Unsplash