Vom Trend zum Internet der Dinge profitieren Produkthersteller, indem sie sich zu Anbietern digitaler Services für eine effizientere Produktionsplanung oder bessere Performance von Anlagen wandeln. Doch mittelständische Unternehmen nutzen noch zu wenig das Potenzial für neue digitale Geschäftsmodelle, das die Plattformökonomie und das Internet of Things (IoT) bieten.

Voraussetzung für digitale Geschäftsmodelle im IoT ist die gemeinsame Big-Data-Auswertung von Daten durch Hersteller und Zulieferer. Das hat sich bislang noch nicht durchgesetzt, u. a. weil Standards für den Datenaustausch fehlen. Ein weiterer Grund ist die Befürchtung von mittelständischen Zulieferbetrieben, etwa beim Teilen von Daten mit Konzernen aufgrund der ungleichen Verhandlungsmacht übervorteilt zu werden. Schließlich ist vertraglich zu regeln, wer welche Daten wie nutzen darf, da es kein gesetzliches Eigentumsrecht hieran geben wird.

Digitale Transformation vorantreiben

Doch aktuell gibt es mehrere Entwicklungen, die Mittelständler nutzen sollten, um ihre digitale Transformation voranzutreiben: Erstens brauchen die Hersteller ihre Zulieferer in der Plattformökonomie, um Innovationen zu skalieren. Sie pochen dementsprechend in der Regel nicht mehr auf Exklusivrechte an Daten. Auch die Bundesregierung will Unternehmen mit der Ende Januar vorgestellten Datenstrategie unterstützen, das Wertschöpfungspotenzial ihrer Daten besser zu nutzen. Dazu zählt beispielsweise die Idee eines Datentreuhänders, um Daten anonymisiert nach vereinbarten Regeln zu nutzen. Initiativen für standardisierte, cloudbasierte Ökosysteme wie das europäische Projekt Gaia X oder der Industrial Data Space der Fraunhofer-Gesellschaft spielen mittelständischen Unternehmen ebenfalls in die Hände: Sie helfen, Datenzugriff und -nutzung selbstbestimmt, sicher und diskriminierungsfrei vertraglich zu regeln und möglichst viele Partner unterschiedlicher Branchen und Unternehmensgrößen einzubinden.

Wissen um den Wert der Daten fehlt

Voraussetzung, um von diesen Chancen zu profitieren, ist das Wissen um den Wert industrieller Daten im Unternehmen. Häufig muss dafür zunächst in technische Kompetenz investiert werden. Doch Kosten und Nutzen der Investition in innovative Geschäftsmodelle sind oft schwer zu beziffern. Das scheuen viele Mittelständler genauso wie die Komplexität der neuen Vertrags- und Wertschöpfungsstrukturen. Sie müssen sich fragen, wie sie sich strategisch in den unternehmensübergreifenden Netzwerken am besten positionieren, um ihre industriellen Daten als Zahlungsmittel in den Geschäftsmodellen zu nutzen. Dabei gilt es den Blickwinkel zu weiten auf die Chancen und Risiken in einem offenen Ökosystem mit vielen Partnern unterschiedlichster Branchen. Anders als bisher, hängt die Wertschöpfung bei digitalen Services von der Verfügbarkeit, Menge und Qualität der Daten ab. Zulieferer müssen wissen, welche Bausteine einem OEM für neue digitale Services ohne die eigenen Daten fehlen könnten. Sie müssen sich aber auch Klarheit darüber verschaffen, welche Verpflichtungen sie hinsichtlich IT-Sicherheit und Datenschutz übernehmen können und wollen, welcher Partner welches Interesse hat und welche Risiken dadurch für das eigene Geschäftsmodell entstehen.

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Haftungsrisiken im Datenschutz umgehen

Der wirtschaftliche Erfolg von Data-Sharing-Modellen hängt wesentlich von der Frage ab, wie sich Daten generieren lassen, ohne dass ein Personenbezug gemäß Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die Verwertung erschwert oder faktisch unmöglich macht. Denn die DSGVO definiert strenge Grenzen, um personenbezogene Informationen aus Sensoren in Maschinen oder Fahrzeugen für digitale Services zu nutzen: etwa wenn dies erforderlich ist, um den Vertrag mit dem Betroffenen durchzuführen, muss seine Einwilligung oder ein berechtigtes Interesse vorliegen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Aufsichtsbehörden in diesem Bereich aktiv werden, so dass bei Geschäftsmodellen mit vielen aggregierten Daten hohe Bußgelder drohen.

Ratsam ist deshalb, nach Anwendungsmodellen ohne Personenbezug zu suchen. In den meisten Fällen ist ein solcher verzichtbar. Mit einer DSGVO-konformen Anonymisierung oder Pseudonymisierung der erhobenen Daten kann die Datenverarbeitung erheblich vereinfacht werden.

Hinweis: Die Corona-Pandemie hat die Dringlichkeit für die digitale Transformation im Mittelstand verschärft. Unternehmen sollten die aktuellen Entwicklungen nutzen und das Wertschöpfungspotenzial ihrer Daten für digitale Services im Internet der Dinge heben. Durch die DSGVO-konforme Anonymisierung oder Pseudonymisierung der erhobenen Daten lassen sich Haftungsrisiken reduzieren.

Dr. Torsten G. Lörcher, Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht und Partner bei Ebner Stolz in Stuttgart

Laurent Meister, LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht und Partner bei Ebner Stolz in Stuttgart

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