Qualität hat mit Anforderungen aus Nutzersicht zu tun

Anwender greifen auf Angebote zurück, die ihren Anforderungen an Qualität und Service-Freundlichkeit entsprechen. Wenn ein Produkt diese Erwartungen nicht erfüllt, Prozesse nicht optimal verzahnt sind oder Services zu kompliziert erscheinen, wechseln Kunden zu alternativen Angeboten.

Digitale Anwendungen müssen als Produkt gesehen werden und sollen dem Anwender dabei helfen, seine Aufgaben wie gewünscht erledigen zu können. Sie müssen Vertrauen schaffen und Freude bei der Bedienung bereiten – kurz: Die Benutzer müssen zufrieden sein. Nur dann ist die Qualität eines Produkts aus Nutzersicht gut und nur dann werden aus Besuchern zufriedene Nutzer und treue Kunden.

Das bedeutet in der Konsequenz, dass man die Benutzer aktiv in die Produktentwicklung miteinbeziehen muss. Nur so ist sichergestellt, dass digitale Lösungen und Prozesse tatsächlich für Nutzer entwickelt werden – und nicht an ihnen vorbei.

Wie man Produkte „menschzentriert“ auf die Bedürfnisse von Nutzern ausrichtet, kann man in entsprechenden Fortbildungsprogrammen lernen. Dieser Blogbeitrag stellt ein international anerkanntes Zertifizierungs-Programm vor.

Aber fangen wir vorne an: Welchen Mehrwert bringen gute Usability und gute User Experience?

Eine einfache Bedienung (Usability) und gute Nutzererfahrung (User Experience oder kurz UX) über alle Berührungspunkte mit Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens hinweg erzeugen Mehrwerte in vielen Bereichen:

  • Produktivitätssteigerung und dadurch zufriedenere Nutzer und Kunden
  • Bessere Produkt- und Servicequalität
  • Verkürzung von Entwicklungszeiten und Reduktion von Betriebskosten
  • Bessere Nutzung von Innovationspotential durch Einbindung der Nutzer und deren Ideen

Und all dies bestimmt letztlich den Erfolg eines Produkts oder Services. Soweit so gut – aber wie kann man Kompetenzen zu menschzentrierter Produktentwicklung im Unternehmen aufbauen? Wie bildet man sich und sein Team in diesem Bereich weiter? Auf der Suche nach dem richtigen Ansatz wurden wir bei rocket-media schließlich im Januar 2014 fündig!

Ein international anerkannter Standard

Mit der Frage zur Entwicklung und Etablierung eines international anerkannten Standards im UX-Bereich beschäftigte man sich in Fachkreisen schon länger. Im Oktober 2013 wurde schließlich der UXQB (International Usability and User Experience Qualification Board) auf Initiative des Arbeitskreises zum Thema „Qualitätsstandards“ des Berufsverbands der Deutschen Usability und User Experience Professionals (German UPA e.V.) gegründet. Ziel war, ein international einheitliches Ausbildungssystem für Usability Professionals zu erarbeiten.

Das UXQB ist dabei ein Zusammenschluss von internationalen Fachexperten auf dem Gebiet „Usability und User Experience“. Das durch sie erarbeitete und stetig weiterentwickelte Zertifizierungsprogramm „Certified Professional for Usability and User Experience“ (CPUX) basiert u. a. auf DIN Standards, richtet sich an Personen, die sich seriös für Usability und User Experience interessieren und entsprechende Fachkompetenzen sowie Methodenwissen auf Basis aktuell anerkannten Fachwissens erwerben und aufbauen möchten.

Die Zertifizierungen sind inzwischen nicht nur in Deutschland (durch die German UPA) sondern auch in der Schweiz (UX Schweiz), Österreich (UX Pro Austria), Dänemark (UX Danmark) und Großbritannien (UXPA UK) offiziell anerkannt. Mittlerweile werden aber auch bereits in Nord- und Südamerika, Russland, China und vielen weiteren Ländern CPUX-Trainings erfolgreich durchgeführt. 




Basiszertifizierung (CPUX-F)

Das Zertifikat „UXQB® Certified Professional for Usability and User Experience – Foundation Level (CPUX-F)” (nicht abschrecken lassen – die Titel sind das einzig weniger Nutzerfreundliche) bescheinigt dem Zertifikatsinhaber, dass er mit dem grundlegenden Vorgehen des menschzentrierten Gestaltungsprozesses sowie folgenden Themen aus dem Fachgebiet Usability und User Experience vertraut ist:

  • Grundlagen und Begriffe
  • Usability-Prinzipien und Richtlinien
  • Nutzungskontexte verstehen und beschreiben
  • Nutzungsanforderungen spezifizieren
  • Interaktionen entwickeln
  • Usability-Testing & weitere Evaluierungsmethoden
  • Prozessmanagement und Verwendung von Methoden
Der menschzentrierte Gestaltungsprozess nach DIN EN ISO 9241-210

Für wen ist das Seminar interessant?

Das Thema Usability ist interessant für alle, die aktiv an Entwicklungsprojekten mitarbeiten, darunter z. B. Produktmanager, Projektleiter, Qualitätsmanager sowie Designer im Produkt- oder Interfacebereich. Auch diejenigen, die das Thema Usability in ihrem Unternehmen stärken möchten, lernen Vorteile und Argumente für Usability kennen.

Aufbaustufen

Die Aufbaustufen („Advanced Levels“) orientieren sich ebenfalls am menschzentrierten Gestaltungsprozess und vertiefen die entsprechenden Aufgaben und Methoden in der jeweiligen Phase. Aktuell sind zwei Aufbaustufen ausgearbeitet und werden bereits seit einigen Jahren erfolgreich geschult: für das Usability Testing und das User Requirements Engineering. Alle weiteren geplanten Programme  werden nach und nach ausgearbeitet, pilotiert und von anerkannten Trainingsanbietern angeboten.

Voraussetzung für die Teilnahme an der Zertifizierungs-Prüfung zum „Certified Professional for Usability and User Experience – Advanced Level“ – ist der Besitz des Basis-Zertifikates im  „Foundation Level (CPUX-F)“ des UXQB e.V. Ohne dieses Zertifikat ist eine Teilnahme an der Prüfung nicht möglich, auch andere Zertifikate berechtigen nicht zur Teilnahme.

Usability Testing and Evaluation (CPUX-UT)

Wer ausgezeichnete Anwendungen entwickeln und deren Gebrauchstauglichkeit nachweisen und verbessern möchte, muss diese real mit Nutzern testen. Als grundlegender Baustein ist das iterative Testen einer Lösung im menschzentrierten Entwicklungsprozess fest verankert. Mit dem Advanced Level „Certified Professional for Usability and User Experience – Usability Testing and Evaluation (CPUX-UT)“ werden die Teilnehmer in Vorbereitung auf eine mögliche Zertifizierung intensiv mit den folgenden Themen vertraut gemacht:

  • Überblick der Usability Evaluierungsmethoden
  • Methoden und Durchführung von Usability-Inspektionen
  • Vorgehen und Durchführung von Benutzerbefragungen
  • Qualitative und quantitative Evaluation
  • Rollen im Usability-Test
  • Planung eines Usability-Tests
  • Analyse von Testergebnissen
  • Varianten des Usability-Tests

Für wen ist das Seminar interessant?

Das Thema Usability Testing ist interessant für alle, die in Entwicklungsprojekten aktiv die Sicht der Nutzer einbringen, darunter z. B. Usability-Verantwortliche, Produktmanager, Projektleiter, Qualitätsmanager sowie Designer im Produkt- oder Interfacebereich.

User Requirements Engineering (CPUX-UR)

Wer die Nutzerperspektive erfolgreich in die Entwicklung von Anwendungen einbringen möchte, muss Anforderungen aus Nutzersicht erheben können. Dazu gehören die Nutzungskontextanalyse (User Research) und die anschließende Spezifikation von Nutzungsanforderungen (User Requirements Engineering).

Die Schulung für das Advanced Level „Certified Professional for Usability and User Experience – User Requirements Engineering (CPUX-UR)“ umfasst folgende:Themen:

  • Benutzergruppenprofile erstellen
  • Kontextuelle Interviews und teilnehmende Beobachtungen planen, durchführen und dokumentieren
  • Erfordernisse aus Nutzungskontextbeschreibungen systematisch ermitteln
  • Nutzungsanforderungen spezifizieren, strukturieren und priorisieren

Für wen ist das Seminar interessant?

Das Thema User Requirements Engineering ist interessant für alle, die in Entwicklungsprojekten aktiv die Sicht der Nutzer einbringen, darunter z. B. Usability-Verantwortliche, Produktmanager, Projektleiter, Qualitätsmanager sowie Verantwortliche im Bereich Anforderungsmanagement und Business-Analyse.

Designing Solutions (CPUX-DS)

Auf Basis von Nutzungsanforderungen können Lösungsansätze auf verschiedenen Ebenen entwickelt werden. Mit dem Advanced Level „Certified Professional for Usability and User Experience – Designing Solutions (CPUX-DS)“, der aktuell kurz vor der Pilotierung steht, werden Teilnehmer intensiv mit folgenden Begriffen und Konzepten  der Lösungsentwicklung vertraut gemacht:

  • Interaktionsspezifikation und – modellierung (Interaction Specification)
  • Informationsarchitektur (Information Architecture)
  • Iterativer User-Interface-Entwurf (Prototyping)

Darüber hinaus wird man befähigt, Konzepte in den folgenden Kompetenzfeldern anzuwenden:

  • Aufgabenmodelle als Basis für die Interaktionsspezifikation entwickeln und dokumentieren
  • Nutzungsszenarien spezifizieren
  • Komponenten für das User Interface aus Nutzungsszenarien herleiten und spezifizieren
  • Struktur von Information für das effiziente Auffinden in interaktiven Systemen organisieren
  • nutzergruppengerechte Aufbereitung von Inhalten und Navigationsstrukturen.
  • Evaluierbare Prototypen für Benutzungsschnittstellen entwickeln (papierhaft und digital)
  • Prototypen mit Benutzern evaluieren und schrittweise verbessern

Mit dem CPUX-DS schließt sich der Kreis der Aufbau-Zertifikate. Voraussichtlich im dritten Quartal dieses Jahres wird eine erste Pilot-Zertifizierung stattfinden, zu der bereits erste Raketen auf der Warteliste stehen.

Als letztes Schulungs-Thema steht dann noch ein übergeordnetes Zertifizierungsprogramm zum Thema „Usability Management“ auf dem Plan, dessen Fertigstellung aber noch nicht terminiert ist.





Der menschzentrierte Gestaltungsprozess mit den jeweils zugeordneten CPUX-Zertifizierungs-Programmen des UXQB e.V.

Fazit

Wir bei rocket-media arbeiten selbst seit Anfang 2014 nach den Standards des UXQB. Uns war nach den ersten erfolgreichen Zertifizierungen sofort klar, dass es das war, wonach wir gesucht hatten: Ein (nach ISO-Norm) standardisiertes Vorgehen – weit ab von gestalterischen Geschmacksfragen, sondern methodisch strukturiert sowie fokussiert und abgestimmt auf die Bedürfnisse des Nutzers in seinem jeweiligen Nutzungs-Kontext.

Mit dem Basis-Zertifikat und den Aufbaustufen (Foundation und Advanced Levels) ist dem UXQB etwas gelungen, das lange Zeit unmöglich erschien: Usability- und User Experience-Konzepte und -Methoden zu erfassen, in strukturiert aufeinander aufbauenden Trainingsprogrammen zu organisieren und als internationalen Standard zu etablieren. Für rocket-media stand schnell fest, dass ein grundlegendes Verständnis für Usability und User Experience in allen Bereichen der Softwareentwicklung einen derart großen Stellenwert haben muss, dass inzwischen jeder Entwickler bei rocket-media die Basis-Zertifizierung durchlaufen hat. In der Ausbildung sind die Inhalte der Basis-Zertifizierung zudem bereits seit einigen Jahren Bestandteil des internen Lehr- und Weiterbildungsplans. Darüber hinaus sind drei Raketen Zertifikatsinhaber und anerkannte UXQB-Schulungsleiter für die Basis- (CPUX-F) sowie die Aufbau-Zertifizierungsprogramme „Usability Testing (CPUX-UT)“ und vier Kolleginnen und Kollegen für das Themengebiet „User Requirements Engineering (CPUX-UR)“. Dementsprechend freuen wir uns natürlich über Interessenten zur Teilnahme an den CPUX-Seminaren, die sich im Bereich Usability und User Experience fortbilden möchten. Interessenten finden weitere Informationen zu unseren CPUX-Seminaren auf der Homepage von rocket-media.

Zum Autor

Carsten Menzel ist Firmengründer und einer von drei Geschäftsführern bei rocket-media und dort unter anderem für den Bereich UX / Usability verantwortlich. Als zertifizierter UXQB-Trainer ist er in allen bislang verfügbaren Disziplinen zertifiziert, war einer der ersten 10 Pilot-Teilnehmer für das CPUX-UR und wirkte an der Weiterentwicklung der Testfragen für das CPUX-UT Curriculum mit.

Carsten Menzel, Geschäftführer bei rocket-media

Beitragsfoto: Photo by David Travis on Unsplash
Weiteres Bildmaterial: rocket-media