Mehr als acht Milliarden Menschen leben derzeit auf der Erde und jährlich werden es etwa 90 Millionen mehr. Aber haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, wie diese acht Milliarden ihre Zeit verbringen? Genau wie ich denken Sie bestimmt, dass das von Kontinent zu Kontinent oder sogar von Land zu Land verschieden ist. Aber stimmt das wirklich?

Diese Frage hat sich wohl auch William Fajzel von der McGill University in Kanada, Departement of Earth and Planetary Sciences, gestellt. Zusammen mit einem Forschungsteam untersuchte der Erstautor die spannende Frage “Wenn die Welt eine einzige Person wäre, wie würde ihr Tag aussehen?”

Eines ist schon mal bei allen Menschen gleich – wir haben 24 Stunden jeden Tag zur Verfügung, die wir füllen. Um zu erfahren wie, wurden für die internationale Studie verschiedene Datenquellen genutzt, um den globalen Durchschnittstag zu errechnen. Manche Ergebnisse werden Sie überraschen.

Um die Frage zu klären, wie die durchschnittliche Zeitaufteilung aller Menschen und Länder aussieht, analysierte die Wissenschaftler Zeit- und Arbeitsdaten aus mehr als 140 Ländern aus den Jahren 2000 bis 2019. Neuere Zahlen wurden nicht berücksichtigt, um die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auszugrenzen. Im einzelnen kamen diese Informationen von den statistischen Bundesämtern, der Weltbank und Unicef sowie von Ilostat, der Datenbank der Internationalen Arbeitsorganisation (Ilo). Die Herausforderung war dabei, dass nicht für jedes der berücksichtigten Länder alle Daten verfügbar waren und auch die Datenmengen unterschiedlich umfangreich waren. Am Ende ergab sich aber ein Bild der Dinge, die die Menschen der ganzen Welt an einem Tag tun. Diese wurden nun nach dem jeweiligen Zweck sortiert und in über 20 Kategorien geordnet, die dann in vier große Gruppen eingeteilt wurden.

Zeit, so heißt es, ist die Währung des Lebens – und in einer global vernetzten Gesellschaft ist es unabdingbar, ein umfassendes Verständnis dafür zu haben, wie diese ausgegeben wird.

Forschungsteam der McGill University Kanada

Wie sieht nun ein durchschnittlicher Tag aus?

Zunächst einmal verbringen wir täglich durchschnittlich neun Stunden im Bett. Wenn Ihnen das auf den ersten Blick zu viel erscheint, zum einen ist auch die Zeit eingerechnet, in der wir im Bett liegen, ohne zu schlafen, zum anderen ist berücksichtigt, dass Kinder und Jugendliche in der Regel deutlich mehr schlafen, als die sieben Stunden, auf die Erwachsene im Schnitt kommen.

Weitere neuneinhalb Stunden finden sich in der Kategorie “Kümmern”, d. h. Hygiene, Essen, Körperpflege, Kinderbetreuung, Ausgehen und Treffen mit Freunden, Bildung und Religionsausübung. Eine Zahl aber erstaunt hier besonders: der Durchschnittsmensch wendet täglich 1,6 Stunden zum Essen auf – egal ob in armen oder reicheren Ländern.

In der dritten Kategorie finden sich die Aktivitäten mit “äußerer Wirkung”, d. h. der Durchschnittsmensch verbringt knapp dreieinhalb Stunden damit Lebensmittel anzubauen, zu verarbeiten und die Lebensmittel zuzubereiten. Auch die Herstellung von Dingen gehört in diese Kategorie sowie er Umgang mit Müll.

Last but not least fallen gute zwei Stunden auf Aktivitäten mit organisatorischem Zweck, also etwa der Zeitaufwand für Wegstrecken und der Transport von Gegenständen.

Das hat die Wissenschaftler erstaunt

Die Ergebnisse zeigen, dass der globale Durchschnittsmensch die meiste Zeit des Tages damit verbringt sich um sich selbst und andere zu kümmern

„Überraschenderweise ändert sich der Zeitaufwand für Aktivitäten wie Mahlzeiten, tägliche Reisen, Hygiene und Körperpflege sowie die Zubereitung von Lebensmitteln nicht systematisch mit dem materiellen Wohlstand einer Bevölkerung.“

Wissenschaftler der McGill University Kanada

Der große Unterschied besteht allerdings beim Anbau und der Beschaffung von Lebensmitteln. In ärmeren Ländern wenden die Menschen hierfür durchschnittlich über eine Stunde auf, in den reichen Ländern sind es hingegen weniger als fünf Minuten.

Übrigens – wir arbeiten durchschnittlich nur 2,6 Stunden täglich

„Die Gesamtzeit von 2,6 Stunden mag zwar gering erscheinen, doch für die zwei Drittel der Weltbevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15-64 Jahre), die die Erwerbsbevölkerung bilden, entspricht dies einer 40-Stunden-Woche.“

Forschungsteam der McGill University in Kanada

Interessant auch, dass hier die Land- und Viehwirtschaft einen Großteil der verwendeten Zeit ausmacht.

Das Ziel von William Fajzel ist es, durch die ungewöhnliche Darstellung der menschlichen Zeiteinteilung eine “Vogelperspektive auf das menschliche Leben” zu zeigen. Das ist ihm, wie ich finde, sehr gut gelungen. Was mich tatsächlich am meisten bewegt hat, ist die Tatsache, dass wir die meiste Zeit verwenden, uns um uns selbst und andere zu kümmern. Schön, dass wir alle 8 Milliarden am Ende Menschen sind.

Herzliche Grüße

Ursula Jarosch – eure Hybridtexterin

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