Was ist passiert? Warum ein Requiem auf das Multibanking in Deutschland? Die Antwort ist leider traurig – Requiem steht u.a. für Totenmesse. Das über viele Jahrzehnte in Deutschland aufgebaute Multibanking ist mit Einführung der PSD2 leider unbrauchbar geworden.


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Die Folgen, dieser durch die EZB veranlassten und durch die BaFin kontrollierten Umsetzung der neuen Gesetzgebung, katapultierten Deutschland am 14.09.2019 fast in das Jahr 1998 (HBCI der Ursprung von Multibanking) zurück… 

Nein, das ist kein Scherz und leider für viele FinTechs ein betriebswirtschaftliches Todesurteil. In über 20 Jahren Abstimmungsarbeit zwischen Banken und Dritt-Unternehmen (Finanzsoftware Hersteller z.B. Buhl-Data, Quicken) wurde ein deutschlandweiter Standard etabliert finTS. Dieser Standard hat es in den letzten Jahren allen finTechs erlaubt, unkompliziert und mit überschaubaren Kosten innovative Ideen zu entwickeln. 

Ob dies mit der PSD2 noch möglich ist, ist mehr als fraglich – siehe folgendes Zitat:

Womöglich werden sich diese Probleme früher oder später lösen lassen. Die Frage allerdings lautet: Ist es dann für manche Anbieter möglicherweise schon zu spät? Finanz-Szene.de weiß zum Beispiel von einem namhaften deutschen Fintech, bei dem die Konto-Transaktionen seit der PSD2-Umstellung um zwei Drittel eingebrochen sind.

https://www.finanz-szene.de/digital-banking/diagnose-unbrauchbar-das-wahre-drama-der-psd2-umstellung/

Losgelöst von dem in Deutschland hoch entwickelten und allgemein (!!) nutzbaren Standard hat parallel die PSD2 Regulierung nun ihren Weg genommen. Allerdings haben die verantwortlichen Gestalter der PSD2 zu keinem Zeitpunkt verstanden, dass der Markt in Deutschland schon viel weiter entwickelt war. Die Themen Spar-, Depots-, Kreditkarten-Konten sind nicht in der PSD2 berücksichtigt, in finTS aber sehr wohl! 

Das folgende Zitat fasst die Situation deutlich zusammen:

Haben die Regulierer diesen Widerspruch nicht gesehen, als sie die große Marktöffnung ausriefen? Oder haben die Fintechs die Segnungen der PSD2 überschätzt? Oder: War schlicht die ganze Umsetzung Murks (erinnert sei nicht nur an das Last-Minute-Moratorium der Bafin, sondern z.B. auch daran, dass die Bankenaufsicht EBA noch im Sommer irgendwelche „Opinions“ mit ihren neuesten Ideen zur „SCA“ veröffentlichte).

https://www.finanz-szene.de/digital-banking/diagnose-unbrauchbar-das-wahre-drama-der-psd2-umstellung/

Nachdem auch meine ganz persönliche App, die Service-/Kontostand App der Sparda-Banken Baden-Württemberg und München, den Service noch vor dem Start der PSD2 am 14.09.2019 eingestellt hat, kann ich diese Entscheidung sehr gut nachvollziehen.

Nachdem ich nun selbst gezwungen war, eine neue App für meine Multibanking-Anforderungen zu nutzen, habe ich z.B. Outbank dafür verwendet. Hier das zusammengefasste Ergebnis:

Beispiel Multibankfähige App – Outbank

  • Bisher meine führende App für Multibanking !
  • Wer hier versucht seine DIBA Konten zu aktualisieren wird keinen Spass haben… Die Anforderung von unterschiedlichen Codes bei “JEDER” Abfrage ist einfach nicht zumutbar
  • Die Konten von Banken werden teilweise aktualisiert aber z.B. Sparda-Bank geht bis 07.10.2019 nicht
  • Depotkonten zur Ansicht der Werte funktionieren
  • Fazit: Ich gehe nur noch direkt in das DIBA-Konto

Beispiel: Umsätze aus dem Vorjahr holen für die Steuererklärung 2018

  • Wer eine Steuererklärung hat und dann Umsätze aus dem Vorjahr der Steuererklärung gezielt beifügen möchte der hat eine Usability Herausforderung
  • Was vor dem 14.09.2019 wirklich einfach war bedeutet nun eine mehrfache Abfrage der Umsätze und diese jeweils dann mit einer mTAN unterlegt…
  • Fazit: Die bisher einfache Funktion ist extrem nutzerunfreundlich geworden

Dass dieses Thema bereits erkannt wurde, ist in diesem Artikel auch gut nachzulesen – hier ein Zitat aus dem Bank-Blog:

Abschottung oder Open Banking?
Streitpunkt zwischen FinTechs und etablierten Kreditinstituten ist die Frage, was ein „diskriminierungsfreier Zugriff auf Daten und Konten“ genau bedeutet und wie die Auslösung von Zahlungen praktisch funktionieren soll.
Während die einen sagen, alles sei OK, reden die anderen von Abschottung.
Auf beiden Seiten geht es um die Umsetzung von Geschäftsmodellen und damit um Erträge. Wobei den meisten FinTechs die Zeit (und das Geld) schneller davon rennen dürfte als den Banken und Sparkassen

https://www.der-bank-blog.de/wird-umsetzung-psd2/humor/37657033/

Mein Fazit zum Multbanking 2019 in Deutschland

  • Der regulierte Standard PSD2 kann sicherlich für europaweite Firmentransaktionen sinnvoll sein wobei EBICS das auch schon sehr lange kann und alle Anforderungen erfüllt
  • Für den Binnenmarkt Deutschland halte ich eine PSD2 für nicht erforderlich bzw. nur in Teilfunktionen als wünschenswert
  • Die Absicherung von Geldtransaktionen über eine 2FA war auch schon vor dem 14.09.2019 ein häufig genutzter Standard
  • Eine 2FA bei jeder Zahlungskontoanmeldung sollte nur dann gefordert werden, wenn der anfordernde Dienst kein Kontoinformationsdienst (KID) ist
  • Die Einführung der PSD2 ohne vollständige und sinnstiftende Berücksichtigung von finTS war ein Fehler und sollte deshalb unmittelbar zurück genommen werden
  • Reine Anbieter von KID sollten von 2FA befreit werden bzw. diese deutlich einfacher nutzen dürfen 
  • Wenn es das Ziel einiger Banken war, den Nutzer auf die eigene App oder Webanwendung zu fokussieren, dann ist dieses Ziel erfüllt worden – denn Multibanking macht mit PSD2 einfach keinen Spass mehr bzw. ist nicht mehr nutzbar
  • Viele finTechs die auf eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung von offenen Standards gesetzt haben, sind mit der PSD2 nicht mehr marktfähig bzw. werden so eingeschränkt, dass kein Nutzer diese App oder Webanwendung mehr nutzen möchte
  • Passend dazu auch mein Artikel zur Prognose beim Multibanking Wer zuerst kommt gewinnt den Kunden
  • Und am Ende wird PayPal von der schlechten Usability der PSD2 profitieren…

Euer Hybridbanker