Die Zukunft von Regionalbanken hängt sehr zentral von deren Fähigkeit ab, junge Zielgruppen zu erreichen. Die viel zitierte ‚Generation Z‘ hat ein fundamental anderes Informationsverhalten als ihre Vorgänger-Generationen. Damit im Zusammenhang stehen andere Erwartungen an Finanzdienstleister, die es zu erkennen und zu berücksichtigen gilt. In einem kürzlich gehaltenen Vortrag von Réne Link und Susanne Schwirner von WG DATA wurde deutlich, dass Regionalbanken nicht nur den demografischen Wandel bewältigen müssen. In unserer Rubrik Keynote Insights zeigen wir: vor allem Geschäftsmodell und strategische Ausrichtung müssen radikal überdacht werden, um langfristig erfolgreich zu bleiben.
Warum ist die Gen Z absolut entscheidend für die Zukunftsfähigkeit von Regionalbanken? Die Antwort mutet fast banal an: es sind die Menschen, die künftig die Wertschöpfungsketten bestimmen. Es ist eine neue Generation. Mit anderem Informationsverhalten. Anderen Perspektiven. Anderen Selbstverständlichkeiten. Je nach Lesart leicht unterschiedlich … geboren zwischen 1997 und 2012 … ist die Generation Z von Technologie geprägt. Sie gilt als Generation, die rund um die Uhr online ist und höchste Erwartungen an Unternehmen, insbesondere im Bereich der digitalen Dienstleistungen hat. Nadelöhre sind hier vor allem die Social Influencer im Finanzbereich. Mit der richtigen Ansprache, Authentizität und mundgerecht verpacktem Infotainment streamen sie sich in die Herzen der jungen Zuseher. Für Banken birgt die Gen Z eine doppelte Herausforderung.
Erstens quantitativ: Während die Mehrheit ihrer Kundschaft über 50 Jahre alt ist, zeigt die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen statistische Lücken. Zweitens qualitativ: Über die Gen Z kolportierte Werte wie ‚Gerechtigkeit‘, ‚Freiheit‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ zeigen, dass diese Community weit mehr von einer Bank erwarten als nur ein Konto. Sie suchen Vertrauen, Sicherheit und vor allem Transparenz.
Laut Réne Linek braucht es für die Gen Z eine vollkommen neue Ansprache. Der Wandel vom sog. Badewanneneffekt* hin zum Strandeffekt** – also der wachsende Abstand zwischen älteren und jüngeren Kundenschichten – ist für Regionalbanken besonders dramatisch. Junge Kundinnen und Kunden wechseln Konten und Bankdienstleistungen heute mit einem Klick. Sie müssen nicht mehr zur Bank vor Ort zurückkehren, um komplexe Produkte wie Baufinanzierungen oder Versicherungen abzuschließen. Digitale Neobanken und Fintechs bieten einfache, zugängliche und attraktive Lösungen, die den traditionellen Banken oft überlegen sind.
Vertrauen und Regionalität: Der Schlüssel zum Erfolg
Einer der wesentlichen Vorteile, die Regionalbanken nutzen können, ist ihr historisches Vertrauen und ihre enge Verankerung in der Region. Diese Eigenschaften lassen sich, wie die Vortragenden betonten, nicht einfach nachbauen. Banken sollten auf diese Stärken setzen und dabei eng mit der Gen Z in den Dialog treten. Ein co-kreativer Ansatz, bei dem junge Menschen aktiv in den Veränderungsprozess der Bank einbezogen werden, kann den entscheidenden Unterschied machen. Nur wer die Bedürfnisse der jungen Generation versteht, wird in der Lage sein, sie langfristig zu binden.
Ein solcher Dialog bedeutet nicht nur, individuelle Produkte anzubieten, sondern auch die Customer Journey der Gen Z komplett neu zu denken. Diese unterscheidet sich maßgeblich von den vorherigen Generationen. Die Gen Z informiert sich hauptsächlich über soziale Medien wie TikTok und YouTube, tauscht sich in Online-Communities aus und vertraut auf das Urteil von Familie und Freunden. Wer bei dieser Zielgruppe punkten will, muss auf Augenhöhe beraten, die individuellen Lebensphasen berücksichtigen und passgenaue Angebote entwickeln. Ein rein digitales Angebot reicht jedoch nicht aus – der stationäre Handel spielt weiterhin eine bedeutende Rolle, wenn auch zunehmend in Verbindung mit digitalen Kanälen.
Strategie & Vision: Der Weg in die Co-Kreation
Die beiden Referenten machten deutlich, dass Regionalbanken sehr zeitnah handeln müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Einige Häuser haben bereits erste Initiativen gestartet und auch auf der Produktseite gibt es den einen oder anderen guten Ansatz. Doch es fehlt meist am konzeptionellen Überbau. Hierbei gilt es, strategische Vorarbeiten, die von Verbänden wie dem BVR oder der DSGV geleistet wurden, regional anzupassen und weiterzuentwickeln.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist die Kooperation – nicht nur innerhalb der Bank, sondern auch mit Fintechs und anderen etablierten Dienstleistern. Gemeinsam können innovative und nachhaltige Lösungen entwickelt werden, die sowohl die Bedürfnisse der Gen Z als auch der älteren Kundengruppen bedienen. Die Stärkung der regionalen Positionierung und der Fokus auf Nachhaltigkeit können dabei eine entscheidende Rolle spielen, um langfristig stabile Ertragsquellen zu sichern und gleichzeitig neue Kundenschichten zu erschließen.
Die Zukunft gehört denen, die sie in die Hand nehmen
Susanne Schwirner und Réne Linek betonten, dass Regionalbanken ohne eine gezielte Ansprache der jüngeren Generation ihre Daseinsberechtigung verlieren könnten. Die Zielsetzung, die Erträge im Geschäftsfeld „Junge Kunden“ zu steigern, sollte daher nicht nur eine rein betriebswirtschaftliche Notwendigkeit sein, sondern auch als Zukunftssicherung der Bank verstanden werden. Dabei müssen Banken nicht nur ihre digitalen Angebote erweitern, sondern vor allem ihre Marke als vertrauenswürdigen, nachhaltigen und regional verwurzelten Partner positionieren.
Prinzipiell bleibt die Zukunft der Regionalbanken optimistisch zu sehen. Insbesondere dann, wenn deren Management bereit ist, sich pro-aktiv mit den tatsächlichen Werten und Welten der Generation Z auseinanderzusetzen. Es reicht hier schlicht nicht, die Vergangenheit zu extrapolieren und auf altbewährte Konzepte zu setzen. Eine erfolgreiche Zukunft liegt in der Co-Kreation mit der Gen Z. In passgenauen Angeboten. Und in der transparenten, partnerschaftlichen Kommunikation. Nur wer diese Wege geht, wird es schaffen, nicht nur die Wertschöpfung und Reputation zu sichern. Sondern auch als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben und eine stabile Basis für zukünftige Generationen zu schaffen.
Die Ausgangslage für Regionalbanken könnte kaum besser sein. man genießt a) Vertrauen und ist b) in der eigenen Region fest verankert und vernetzt. Dieses Vertrauen muss aktiv genutzt werden, um auch die Generation Z voll umfänglich zu erreichen. Dazu gehört mehr als nur eine digitale Transformation. Es erfordert ein komplettes Umdenken in der Art und Weise, wie Banken mit ihren jungen Kundinnen und Kunden kommunizieren, welche Produkte sie anbieten und wie sie sich als Marke präsentieren. Die Zeit für Regionalbanken, sich neu zu positionieren und auf die Bedürfnisse der nächsten Generation einzugehen, ist jetzt. Wer heute die richtigen Weichen stellt, wird morgen zu den Gewinnern gehören.
Tenor: Der Appell der Vortragenden an regionale Finanzdienstleister, insbesondere traditionelle Banken, war eindeutig. Es ist strategisch höchst relevant, jetzt über eine smarte Neupositionierung nachzudenken. Wer hier zuwartet und neugierig die Schritte anderer Player im Markt abwartet, wird langfristig das Nachsehen haben.
Kontakt zu den Referenten:
Susanne Schwirner / LinkedIn
Réne Linek / LinkedIn
*Badewanneneffekt: Der Badewanneneffekt beschreibt die Ausfallrate eines Produkts über dessen Lebenszyklus. Die Ausfallkurve sieht wie eine Badewanne aus: Zu Beginn treten viele Fehler auf (Frühfehlerphase), dann sinkt die Ausfallrate auf ein niedriges, stabiles Niveau (Nutzungsphase) und steigt zum Ende der Lebensdauer wieder an (Verschleißphase)
**Strandeffekt: Der Strandeffekt beschreibt die ineffiziente Verteilung von Ressourcen oder Aufmerksamkeit. Unternehmen konzentrieren sich oft zu stark auf bestimmte Bereiche (z.B. kurzfristige Gewinne, populäre Produkte oder Märkte), während andere wichtige Aspekte vernachlässigt werden. Dies kann langfristig zu Ineffizienz, erhöhten Kosten oder verpassten Chancen führen, da Potenziale nicht gleichmäßig genutzt werden.